Die Geschichte der Eisenbahn auf Mallorca
begann im Jahre 1873 mit der Eröffnung des ersten Linienabschnittes von Palma nach Inca durch die Ferrocarril de Mallorca kurz FCM. Inca wurde im Jahre 1875 durchgängig erreicht. Auf dieser Relation wurde im Jahre 1931 ein zweites Gleis in Betrieb genommen, da die Belegung der Strecke dies erforderte. Diese Zweigleisigkeit ist bis heute gegeben und immer noch notwendig, da die Züge mit einer recht dichten Frequenz bis Marratxi (3 Zugpaare je Stunde) und Inca unterwegs sind.
Der Abschnitt Palma - Inca wurde von 1978 - 1981 zunächst eingleisig auf Meterspur umgebaut und war von da an bis in das Jahr 2000 der letzte verbliebene Streckenteil eines einst über 250 km umfassenden Netzes welches durch die Ferrocarril de Mallorca, später die FEVE (Ferrocarriles Espanoles de Via Estrecha) betrieben wurde. In den 1990er Jahren wechselte der Name der Gesellschaft erneut, sie nennt sich jetzt Serveis Ferroviaris de Mallorca, kurz SFM und ist eine der Balearenregierung unterstellte Gesellschaft. Der gesamte Schienenverkehr wird heute unter dem Dach der Organisation TIB (Tansports de les Illes Balears) betrieben und organisiert, welche auch für den Omnibusverkehr zuständig ist. Seit der Übernahme in die Dachorganisation wich nach und nach die blau-weiße Farbgebung in die heute übliche rot/gelb/weiße.
Die zweite Bahngesellschaft Mallorcas, die Ferrocarril de Sóller kurz FCS, erbaute zwischen 1907 und 1912 zuerst die Linie in Richtung Sóller und dann im folgenden Jahr noch die Straßenbahn von Sóller nach Port de Sóller. Diese beiden Linien existieren noch heute in ihrer damaligen Form, wobei als technisches Novum die Bahnlinie von Palma aus im Jahre 1929 mit einer Fahrleitung ausgerüstet wurde. Zu diesem Zeitpunkt kamen auch die noch heute den Gesamtverkehr abwickelnden 4 elektrischen Triebwagen in der Bestand der FCS. Wegen des rötlich/braunen Aussehens der Fahrzeuge bürgerte sich der Name “Roter Blitz” für diese Bahn unter den (deutschen) Touristen ein. Einen Spanier braucht man mit der Bezeichnung nicht zu kommen, er wird mit den Achseln zucken.
Unter der Regie der FCM entstanden noch weitere Strecken, so nach Sa Pobla (1878), Manacor (1879), Felanitx (1897), Artà (1921), Santany (1918) und einige nur für den industriellen Gütertransport vorgesehene Strecken, siehe auch diese Tabelle.
Von 1916 bis 1959 existierte weiterhin eine elektrisch betriebene Straßenbahn in der Hauptstadt. Die letzte betriebene Linie führte nach El Arenal. Leider konnte ich darüber bisher nur wenig in Erfahrung bringen, nur soviel, das der Vorläufer ab etwa 1890 eine Pferdebahn gewesen ist.
Der Niedergang der Eisenbahn begann in den 1950er Jahren, als es langsam aber stetig ein zunehmen des Individualverkehrs gab, sowie den Übergang zu LKW Transporten im Güterverkehr. Folgerichtig wurden so die ersten Linien eingestellt bzw. der Güterverkehr unterblieb bis zur Gesamteinstellung. Die erste Bahnstrecke, welche komplett eingestellt wurde, war die von Palma über Arenal, Llucmajor und Campos nach Santanyi, im Jahre 1965 (mittelbarer Grund war der Flughafenbau Son Sant Joan). Als nächste folgte 1968 die Linie von Santa Mariá del Camí nach Felanitx. Dann kehrte für rund 10 Jahre erst einmal wieder Ruhe ein, wenn man von der Stillegung der Bahn durch den Hafentunnel in Palma im Jahre 1972 einmal absieht. Der südliche und mittlere Teil der Insel war somit wieder zur Gänze ohne jeglichen Bahnanschluß.
Im Jahre 1977 erwischte es dann die einst längste Linie, die von Palma nach Artà. Wobei stillgelegt wurde nur der Teil von Empalme (Enllac) über Sineu, Manacor nach Artà. Eigentlich sollte dieser Teil nur vorübergehend bis zu einem geplanten Umbau auf 1000 mm Gleis ruhen. Diese Phase dauerte für das Teilstück Empalme (Enllac) - Manacor bis in das Jahr 2003. Für das restliche Stück bis Artà ist dies noch heute der Fall, wobei bei Sant Llorenc bereits im Zuge des Ausbaus der C-715 Brückenneubauten entstanden sind, so daß es scheint, als würde sich in den nächsten Jahren doch etwas tun. Wenn dieser Abschnitt erneuert wird, so ist als vollkommender Neubau noch eine Erweiterung von Artà nach Cala Ratjada geplant.
Nach all diesen Stilllegungen verblieben auf Mallorca im Jahre 1978 noch die Strecken von Palma über Inca nach La Puebla (Sa Pobla) mit rund 46 km Länge, betrieben von der FEVE und die Bahn nach Sóller und Port de Sóller mit rund 32 km Länge, betrieben durch die Ferrocarril de Sóller.
Im Zeitraum von 1978 bis 1981 erfolgte von Palma aus der Umbau auf 1000 mm Gleis auf der Strecke nach Inca, wobei zunächst nur eines der beiden Streckengleise erneuert worden ist, um den Betrieb umstellen zu können.
Im Zuge mit der Inbetriebnahme des umgespurten Teils endete 1981 auch der Betrieb von Inca nach La Puebla. Auch hier sollte es fast 20 Jahre dauern, bis erneut Züge fahren. Genau bis Dezember 2000 dauerte die Ruhe. In den Jahren 1998 bis 2000 wurde dieser Abschnitt als erster vollkommen neu errichtet. In Empalme (Enllac), Llubi und Muro halten die Züge nun an neu errichteten Hochbahnsteigen und in Sa Pobla wurde rund 400 m vom alten Bahnhof ein neuer errichtet, so daß die Züge nicht bis in den Ortskern fahren sondern am Rand enden. In Llubi exisiert eine Ausweichmöglichkeit zum kreuzen von zwei Zügen während in Sa Pobla nur zwei Stumpfgleise errichtet worden, wovon jedoch nur eins auch zum Bahnsteig führt. Der Neubau erfolgte vollkommen frei von Straßenkreuzungen, diese wurden entweder überbrückt oder unterfahren.
Endlich im Jahre 2003 erfolgte auch die Wiederinbetriebnahme eines Teilstückes der Stecke nach Artà. Zuerst bis Sineu, dort bestand eine Umsteigemöglichkeit auf Busse, dann bis Manacor. Hier mußte jedoch der Verkehr noch einmal für kurze Zeit eingestellt werden, da es zu Hangabrutschungen durch starke Regenfälle kam. Beim Wiederaufbau gab es jedoch nicht nur Zustimmung. Die Bevölkerung von Petra wollte nicht, das die Bahn wieder durch die Stadt fährt. So mußte die Stadt umfahren und ein neuer Bahnhof errichtet werden. Der alte Bahnhof ist jedoch erhalten, das Gleis wurde mit Platten gepflastert und dient als Gehweg. Diese Umfahrung ist zugleich die erste Neutrassierung einer Bahnlinie auf Mallorca seit 1921 gewesen.
Im Zusammenhang mit der Wiederinbetriebnahme von Streckenabschnitten gelangten 1995 die ersten Triebwagen der Reihe 61 auf die Insel. Zunächst waren es 4 Doppeltriebwagen. Es folgten bis 2005 insgesamt 22 Einheiten. Wegen des Passagieraufkommens mußten zusätzlich Mittelwagen angeschafft werden, diese wurden als Reihe 62 in den Fahrzeugpark aufgenommen. Gleichzeitig konnte man sich von den alten FEVE Triebwagen trennen (Verkauf ins Ausland).
Zum Ende der 1990er Jahre wurde auch der Bahnhof von Palma nochmals umgebaut. Es entstand ein Hochbahnsteig mit zwei Gleisen und einem Stumpfgleis davor. Dieser erhielt wie auch der Bahnhof von Inca eine Überdachung, wobei die gelungenere Lösung zweifelsfrei in Inca erbaut worden ist. In Inca wurde später noch der Bahnübergang durch einen Tunnel ersetzt und unmittelbar neben dem Bahnhof ein neuer Omnibusbahnhof, welcher sich gut in das gesamte Ensemble integriert, errichtet.
Ebenfalls zum Ende der 1990er Jahre wurde in der Nähe der Station Verge de Lluc ein neues modernes Depot mit einer fünfgleisigen Halle, einer Wasch- und Tankanlage sowie genügend Abstellgleisen erbaut. Aber dies sollte noch nicht der Abschluß sein. Im Zuge sicherlich auch der europäischen Eisenbahnpolitik wurden diverse Umbauten an der Bestandsstrecke nach Inca ermöglicht. So verschwanden mit der Zeit viele der schienengleichen Straßenkreuzungen und wurden auch hier wie schon auf den Strecke nach Sa Pobla und Manacor durch Brücken oder Tunnel ersetzt.
Nachdem um 2004 die Entscheidung gefallen ist, vom Zentrum aus zur Universität eine erste Metrolinie zu errichten begann für die Eisenbahn in Palma ein vollkommen neues Kapitel. An der Stelle des Bahnhofs sollten Grünanlagen entstehen. Ebenso verschwinden sollte das Streckenstück bis zur Via Cintura. Innerhalb recht kurzer Zeit fielen die Entscheidungen, so daß bereits 2005 mit dem Bau begonnen werden konnte. Dazu mußte natürlich der bestehende Bahnhof am Placa de Espania sowie die Streckengleise abgetragen und verlegt werden. Eigentlich sollte die Bahn für die Bauzeit noch vor der Via Cintura enden und das letzte rund 1,5 km lange Stück durch Omnibustransfer geschlossen werden. Aufgrund von Protesten wurde die Station dann doch näher an das Zentrum gerückt und in seitlicher Lage zwei Bahnsteiggleise mit eingleisiger Streckenanbindung bis hinter die Via Cintura, in etwa auf Höhe der neuen Metrostation Jacint Verdaguer, errichtet. Es begann ein einzigartiger Tiefbau. Entstehen sollte ein kombinierter Bahn- und Busbahnhof mit Tiefgarage für PKW. Am 18. September 2006 war es dann soweit. Die bestehenden Linien nach Marratxi, Sa Pobla und Manacor endeten im Tunnel an der neu erbauten Station Jacint Verdaguer, das überirdische Provisorium hatte ein Ende. Dies war jedoch nur eine Zwischenstation. Im März 2007 mit der Aufnahme des Probebetriebes der Metro zur Universität wurde auch der neue Zentralbahnhof eingeweiht. Nach der Entfernung der provisorischen Gleisanlagen begann die Gestaltung des neu gewonnenen Freiraumes. Im Tunnel des alten Trassenbereiches befinden sich insgesamt drei Stationen, Estacion Intermodal, Jacint Verdaguer und Son Costa - Son Fortesa.
Zeitgleich mit dem Bau des neuen unterirdischen Teils im Zentrum begann der Bau der Strecke in Richtung Universität. Die Metrolinie verläßt dabei den Tunnel ein Stück vor Son Sardina um oberirdisch in einem Bogen die Universität zu erreichen und dort wieder im Tunnel zu verschwinden. Dabei kreuzt sie die Bahnlinie und die Straße nach Sóller. Die Metro verfügt über insgesamt 9 Stationen. Die offizielle Inbetriebnahme erfolgte am 25.04.2007. Zuvor wurden ab März umfangreiche Versuche durchgeführt. Dazu kamen im Dezember 2006 die ersten Triebwagen auf der Insel an. Reihe 71
Im Zuge des Ausbaues entstand im Laufe des Jahres 2006 auch eine weitere neue Station an der Strecke nach Inca. Der Name ist Festival Park de Marratxi. Diese Station weißt ein recht futuristisches Aussehen auf.
Wenn man verschiedenen Aussage Glauben schenkt, sollte sich in den nächsten Jahren weiteres im Zusammenhang mit der Eisenbahn tun. So wird sicherlich als eines der nächsten Projekte der Wiederaufbau nach Artà beginnen. Ferner sind Planungen für mehrere vollkommen neue Projekte vorgenommen worden, so eine Anbindung von Andratx mit einer Straßenbahn oder die des Flughafens. Auch das bereits in den 1920er Jahren existierende Projekt nach Alcudia ist wieder aufgelebt.
2009 wird es eine Erweiterung im Zuge der Strecken Palma - Inca - Enllac geben. Die Bauarbeiten zum zweigleisigen Ausbau im Abschnitt Inca - Enllac sind in vollem Gange.
Ein neues Kapitel wird mit der Vorplanung der Straßenbahn Palma - Flughafen - S´Arenal eingeläutet. Hiermit werden die Voraussetzungen für die Rückkehr eines 1959 aufgegebenen Verkehrsträgers geschaffen.
- 21.02.2009 -
Nachdem 2009 der Abschnitt bis Enllac zweigleisig ausgebaut und in Betrieb genommen wurde, kamen die Arbeiten für die Elektrifizierung etwas langsamer als geplant in Gang. Auch konnten nicht alle gesteckten Ziele erreicht werden. Zumindest wurde am 17.02.2012 der von der SFM lange ersehnte elektrische Betrieb bis Enllac aufgenommen. Dort muß nun zu den Endzielen umgestiegen werden.
Zeitgleich mit den Elektrifizierungsarbeiten wurde mit dem Wiederaufbau nach Artà begonnen. Die Arbeiten sind jedoch im Sommer 2011 unmittelbar nach den Wahlen auf unbestimmte Zeit unterbrochen worden.
- 05.11.2012 -
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